Sex lernen oder sinnlich ahnungslos bleiben?

Kannst du Sex lernen? Na, klar! Wie mit allen Fertigkeiten im Leben, kannst du auch deine Sexualität auf ein tolles Niveau bringen. Mit einer erotischen Praxis hast du die Möglichkeit zu üben und zu erspüren, wie reichhaltig deine sinnlichen Körperempfindungen eigentlich sind.

Jeder Mensch hat die Möglichkeit zu entscheiden auf welchem Niveau er unterwegs sein will. Du kannst deine Sexualität entweder auf einem angeborenen Niveau ausüben, mit etwas Wissen und Verfeinerung durch Wiederholung. Oder du entwickelst deine Sexualität virtuos weiter. Dafür benötigst du das richtige Wissen, etwas Übung und die Befreiung von begrenzenden Glaubenssätzen.
Ich habe mich zu einem gewissen Zeitpunkt in meinem Leben dafür entschieden Sex zu lernen. Glücklicherweise habe ich mir irgendwann eingestehen können, dass mir eine wirklich erfüllte Sexualität nicht in die Wiege gelegt wurde.
Oder vielleicht doch? Als junges Mädchen, wusste ich genau was ich mir wünsche. Als meine Sexualität gerade erwachte, war mein Körper von Natur aus ekstatisch, sinnlich und verspielt. Aber was auf dem Weg meines Erwachsenwerdens passierte, veränderte diese reine Körperwahrnehmung radikal.
Wir leben in einer sexualisierten Gesellschaft, dennoch unsere Sexualität nur vermeintlich frei und ungehemmt. Vielleicht stimmt das nicht für unsere sexuellen Ausdrucksformen, zumindest aber für unser inneres Erleben, während wir es tun. Wie arm oder reich würdest du dein inneres Erleben dabei beschreiben – auf einer Skala von 1-10? Ich meine dabei nicht deine erotischen inneren Bilder, sondern deine ganzheitlich körperlichen Wahrnehmungen.
Ich behaupte sogar, dass wir in Wirklichkeit, zu großen Teilen, eine Gesellschaft von sinnlich Ahnungslosen sind. Natürlich gibt es Naturtalente und die Einflüsse von Religion, Eltern und Medien sind spurlos an ihnen vorübergegangen. Aber davon gibt es wenige, wie meine Erfahrung zeigt.

Sex lernen ist sinnlich sinnvoll

Wenn ich privat von den reichhaltigen Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich Sexualität erzähle, bekomme ich sehr häufig interessante Antworten: „Sexualität kann man nicht lernen. Das ist etwas Natürliches“. „Guter Sex passiert automatisch mit der richtigen Partner:in“. „Ich möchte nicht auch noch den Bereich Sexualität optimieren“. Oder: „Sexualität ist überbewertet. Ich hatte schon genug Sex in meinem Leben, ich brauche das nicht mehr“.

Ich persönlich hatte in meinem Leben einen Punkt erreicht, an dem ich meine Sexualität irgendwie schon aufgegeben hatte. Das war leider zu einem Zeitpunkt, bevor meine Sexualität jemals angefangen hatte WIRKLICH inspirierend zu sein. Trotzdem blieben natürlich die Fantasien zurück und fühlte ich mich nicht erfüllt. Wie auch? Der Mensch benötigt Berührung, Liebe und Verschmelzung. Körper, Geist und Seele wünschen sich, dass die Sinne bespielt werden. Denn wir sind als sinnliche Geschöpfe hier auf der Erde inkarniert und wünschen uns demzufolge, dass unser Körper und unsere Sinne dementsprechend zum Einsatz kommen. Wir haben nur nie gelernt, die essentiellen Bestandteile in unsere Sexualität mit aufzunehmen, so dass wir davon satt werden und erfüllt sind.

Und ja, jeder sollte Sex lernen und studieren, denn es ist sinnlich sinnvoll. Vor allem kann jeder zunächst damit beginnen, die unbrauchbaren Denkmuster und Konditionierungen über Sexualität auszutauschen. Jeder kann seine Körperwahrnehmung schärfen und intensivieren. Jeder kann lernen seine intimsten Wünsche auszusprechen und zu leben. Und jeder sollte verstehen, was wirklich sinnlich erfüllt. Und wir sollten wieder lernen, wie wir wirklich berühren.

In unserer Gesellschaft ist es schwer einen komplett natürlichen Bezug zum eigenen Körper und zur eigenen Sexualität zu entwickeln. Selbst wenn du es dir dringlichst wünscht und versucht, fehlen häufig die richtigen Quellen, Vorbilder und Informationen. Wenn wir geboren werden, tragen wir alles, was wir zum Leben brauchen in uns. Trotzdem üben wir viele Monate zu Laufen, wir üben viele Jahre zu Sprechen, wir üben Jahrzehnte lang logisch zu Denken. In unserer Gesellschaft ist jedoch wenig Akzeptanz und Raum für das Lernen und Üben von Sexualität. Mit einer erotischen Praxis können wir uns diesen Raum zurückerobern und uns die Möglichkeit geben, zu Üben und zu Erspüren, wie reichhaltig unsere Körperempfindungen und unsere Sexualität eigentlich ist. Hier gilt, wie bei den meisten Dingen: Ohne Übung keine Meisterschaft.

Sex lernen durch sinnliches Embodiment

Die Tiefe der Erfahrung deines eigenen Körpers hängt von der Qualität deiner sexuellen Empfindungsmöglichkeiten ab. Du kannst lernen dich besser zu spüren. Du kannst erlernen wirklich tief zu berühren. Du kannst lernen dich völlig hinzugeben. Und du kannst deine Orgasmusfähigkeit vertiefen.
Eine sinnliche Praxis bewirkt intensive Lernerfahrungen in Bezug auf deinen eigenen Körper, denn die konkrete sinnliches Verkörperung hat eine stärkere Wirkung als Gespräche, Vorträge oder Bücher. Achtsam ausgeführte körperorientierte Techniken machen es möglich Sex zu lernen. Also durch sinnliche Übungen, die du mit dir alleine, mit einer Übungspartner:in oder mit einem Bodyworker/Coach praktizierst. Du musst also nicht konkret Sex haben, um Sex zu lernen. Das ist zwar für viele schwer vorstellbar, aber es ist sogar förderlich.
Sexuell mit einen Gegenüber zu sein ist äußerst komplex. Beziehungsthemen führen zu Auseinandersetzungen, lang einstudierte Rituale sind schwer zu durchbrechen und aufgestaute Emotionen verhindern eine kreative Lernumgebung. Unter diesen Rahmenbedingungen ist es schwer sich auf die entscheidenden Lernabschnitte für eine exzellente sinnliche Verkörperung zu konzentrieren. Oft ist das zu viel Ablenkung und die Aufmerksamkeit wandert ständig zu den Konfliktthemen. Auf diese Weise kommen Paare nur langsam und mühsam voran. Wenn Du aber für Dich oder mit einer Begleitung übst, liegt deine volle Aufmerksamkeit auf den Lerninhalten. Das führt zu viel erstaunlicheren Ergebnissen.

Die Intension, den eigenen Körper kennenlernen zu wollen, macht es möglich durch Achtsamkeit und somatisches Lernen, die Aufmerksamkeit in den Körper zu lenken und auch dort zu halten. Dadurch werden die Körperempfindungen reichhaltiger und das sexuelle Empfinden größer. Zur Achtsamkeitspraxis beim Lernen von Sexualität, gehören spezielle Formen des Yoga, der Meditation, der achtsamen Selbstliebe und der sinnlichen Berührung.

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